Nachruf Lothar Müller - Judoka der ersten Stunde
Lübeck, den 12. Dezember 2006
Die Mitglieder des Lübecker Judo-Clubs e. V., des Judo-Verbandes Schleswig-Holstein e. V. und des Dan-Kollegiums Schleswig-Holstein e. V. trauern um ihren Freund und Ehrenvorsitzenden. Für alle unerwartet ist Lothar Müller im Alter von 83 Jahren verstorben.
Bereits 1936 hatte Lothar Müller in Bitterfeld mit Begeisterung die Selbstverteidigung Jiu Jitsu betrieben. Entsprechend vorbelastet, gehörte er 1954 zu den Gründern des Lübecker Judo-Clubs.
Lothar Müller nahm schon früh die sportlichen Geschicke des Lübecker Judo-Clubs maßgeblich in die Hand. Bereits 1954 wurde er zum Sportwart (bis 1968) und von 1968 bis 1979 zum 2. Vorsitzenden gewählt und war in dieser Zeit auch gleichzeitig Geschäftsführer. Mit großem Idealismus und nie erlahmendem Eifer trieb Lothar Müller die sportliche Entwicklung des Lübecker Judo-Clubs, seines Vereins, voran und avancierte zur "Seele des Vereins".
Seine Leidenschaft gehörte von Anfang an dem Judo. Unzählige Judo-Schüler aller Altersklassen und ganze Generationen von Judo-Jüngern hat er im Verlauf von über 48 Jahren Trainertätigkeit in die Geheimnisse der japanischen Techniken des "sanften Weges" eingewiesen. Mit einem weinenden und einem lachenden Auge musste Lothar Müller mehrfach erleben, dass seine Eleven, nachdem sie selbst zu Meistern heranreiften, ihre eigene Wege gingen und neue Schulen oder Vereine gründeten, in denen sie ihrerseits das weiter vermittelten, was sie einst bei ihm lernten.
Lothar Müller hat sich nicht nur um seinen Verein verdient gemacht. Über die Vereinsarbeit hinaus engagierte er sich in vielen Ehrenämtern für die Verbreitung des Judo und anderer Budo-Disziplinen. 1966 bis 1972 war er Sportwart im Judo-Verband Schleswig-Holstein und hat in dieser Zeit wesentliche Akzente im Aufbau des Judo-Leistungssports in Schleswig-Holstein gesetzt. Lothar Müller begann mit Kendo in Schleswig-Holstein und von 1971 bis 1977 etablierte er als Sachbearbeiter für Kendo diese Budo-Disziplin im Judo-Verband Schleswig-Holstein. Von 1966 bis 1990 war Lothar Müller Dan-Beauftragter in Schleswig-Holstein und legte in dieser Funktion die Basis und die Voraussetzungen für die erfolgreiche Vorbereitung, Organisation und Durchführung von Kyu- und Dan-Prüfungen. Auch leitete Lothar Müller über Jahre hinweg die Fachsparte Judo im Turn- und Sportbund der Hansestadt Lübeck.
Lothar Müller war nicht nur der Motor für das Judo-Geschehen in seinem Verein, sondern auch für die Judo-Szene in Schleswig-Holstein. Darüber hinaus war er ein stets gefragter Ratgeber in allen Belangen der Budo-Disziplinen. Mit großem Weitblick sah er schon frühzeitig die Entwicklung der anderen Budo-Disziplinen in Deutschland voraus. Seit Mitte der sechziger Jahre initiierte er zunächst die Aufnahme weiterer Budo-Disziplinen in den Lübecker Judo-Club. Dies war dann immer gleichzeitig der Startschuss für diese Budo-Disziplinen in Schleswig-Holstein. Durch seine guten Kontakte zu vielen Sportfreunden in ganz Deutschland war es ihm möglich, Budo-Meister und Lehrer für die ersten Lehrgänge im Aikido, Karate, Kendo und Ju Jutsu zu gewinnen. Aus diesen Lehrgängen entwickelte sich die vielfältige Budo-Palette im Lübecker Judo-Club und in Schleswig-Holstein.
Viele Ehrungen wurden Lothar Müller für sein großes Engagement ausgesprochen. Er wurde 1958 mit der goldenen Ehrennadel des Lübecker Judo-Clubs, 1979 mit der goldenen Ehrennadel des Judo-Verbandes Schleswig-Holstein, 1982 mit der goldenen Ehrennadel des Deutschen Judo-Bundes ausgezeichnet. 1991 wurde er zum Ehrenvorsitzenden des Dan-Kollegiums Schleswig-Holstein, 1992 zum Ehrenvorsitzenden des Judo-Verbandes Schleswig-Holstein und 1995 zum Ehrenvorsitzenden des Lübecker Judo-Clubs ernannt. 1975 wurde ihm für sein herausragendes Engagement um den Sport in Deutschland die Leistungsplakette der Olympischen Gesellschaft verliehen. Auch die Bundesrepublik Deutschland würdigte seine langjährigen Verdienste. 1990 wurde Lothar Müller vom damaligen Bundespräsidenten Dr. Richard von Weizsäcker mit der Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.
Mehr jedoch als alle Ehrungen für seinen verdienstvolle Tätigkeit im Sport bedeuteten ihm immer die leuchtenden Augen und die Freude der Jungen und Mädchen, die das Glück hatten, bei ihm zu trainieren.
Lothar Müller gehörte zu den wenigen wirklichen Budo-Meistern, die über die technischen Inhalte hinaus auch die geistigen Werte des Budo verkörpern. Er stellte sein Engagement für das Budo und den gemeinnützigen Sportgedanken immer über das eigene persönliche Wohl. Lothar Müller war nicht nur Judo-Nestor von Lübeck, sondern auch von Schleswig-Holstein.
Seine selbstverständliche Hilfsbereitschaft und sein zurückhaltendes einfühlsames Wesen hat Spuren hinterlassen, bei seinen Freunden ebenso wie bei vielen Judogenerationen.
Eine Persönlichkeit, ein liebenswerter Mensch und wahrer Freund hat uns verlassen, den wir alle sehr vermissen.
Detlef Ott
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