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Karate: IX. Karate-Seminar mit Fumio Demura in Málaga/Spanien

Vom 14. bis zum 17.3. 2008 fand zum dritten Mal der Lehrgang des Genbu-Kai Málaga mit unserem Sensei Fumio Demura statt. Für mich war es der erste Lehrgang in Spanien.

Als Grüngurtin allein nach Spanien zu fahren- das würde spannend werden, dachte ich. Es wurde mehr als spannend- nämlich absolut klasse. Die spanische Gastfreundschaft jemandem zu beschreiben, der sie nie genossen hat, fällt schwer. Die Mitglieder des organisierenden Dojos "Kuro Obi" haben sich mehr als ein Bein ausgerissen, damit wir uns wie zu Hause fühlten. Englische, deutsche und spanische Karateka, die mit dem Flugzeug angereist waren, wurden vom Flughafen abgeholt und zum Hotel und zum Training gefahren. Die Benutzung des Autos ist in Spanien noch beliebter als bei uns, und sie war auch nötig, da unser Hotel "Las Vegas", wo wir alle hervorragend untergebracht waren, weit entfernt von den beiden Sportstätten, wo der Lehrgang stattfand, lag. Nach dem Auftakttraining am Freitagabend im relativ kleinen Stammdojo, wo auch einige Leute kostenlos übernachten konnten, kamen am Samstag rund 200 Karateka in einer großen, luftigen Halle zusammen. Morgens begannen die Kinder, danach die Erwachsenen. Nicht nur beim Kindertraining sah man Kinder, nein, anders als in Deutschland waren sie überall beim Lehrgang zu sehen. Bis spät abends waren sie beim Essen dabei- eine Sitte, die hier völlig normal ist. Andererseits wurden sie jungen und jugendlichen Karateka aber auch von ihren nicht Sport treibenden Eltern zum Lehrgang begleitet. Karate scheint hier eine Familienangelegenheit zu sein: Wenn ein Familienmitglied am Seminar teilnimmt, kommt der ganze Rest der Familie auch, packt am Rand mit an, oder sieht zu und plaudert.

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So war es außerhalb der Matte stets belebt und die Matte selbst war auch voll. Am Freitagabend im Kuro Obi mussten Kyu- und Dangrade denn auch getrennt trainieren. In der großen Halle arbeiteten wir alle zusammen -aber nach Farbgruppen aufgeteilt- an unseren spezifischen Kata. Jeweils ein Schwarzgurt betreute uns. So hatte ich viel Gelegenheit, meine prüfungsrelevanten Kata wie Pinan, Rohai und Yiin ausführlich zu wiederholen. Interessant war es für mich zu sehen, dass selbst innerhalb des Genbukai kleine Unterschiede bestehen. Jeder Lehrer hat halt seine persönliche Handschrift und im Zweifelsfall konnte man den Sensei fragen, was die Schwarzgurte auch ausführlich nutzen.

Neben dem Kobudotraining, bei dem alle Waffen angeboten wurden und bei dem die Bo- Schüler die Bo Kihon No Kata übten, war besonders das Bunkai-Training sehr interessant. Aus vielen grundlegenden Katas übten wir Sequenzen gegen Oi Tsuki Yodan oder gegen Fassangriffe. Hier konnte ich wieder mal Bewegungsverwandtschaften zum Aikido, das ich ja schon lange praktiziere, feststellen. Die Frage ist immer, wer bei wem "abgeguckt" hat... Auf den harten Holzfußboden steil nach vorne zu fallen, war allerdings gewöhnungsbedürftig. Nicht nur ich hatte blaue Knie.

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Am Sonntagabend standen sechs Danprüfungen auf dem Programm, die diesmal von fünf Spaniern und einem Engländer erfolgreich absolviert wurden. Wir übrigen hatten freie Zeit, um uns in der Stadt umzusehen. Da zu dieser Zeit gerade "Semana Santa", d.h. die Osterwoche war, gab es viel zu sehen. Durch die Stadt zogen die typischen Prozessionen, bei denen Jesus- oder Marienfiguren auf großen kostbar geschmückten Podesten von den Mitgliedern der jeweiligen Bruderschaften stundenlang durch die Stadt getragen wurden. Bereits am Freitag hatten wir tagsüber die Gelegenheit erhalten, die bekannteste Bruderschaft zu besuchen und uns das Podest -"trono" genannt- anzusehen. Ein freundlicher und kompetenter Herr wies uns in die Tradition und die Hintergründe der katholischen Bruderschaften ein. Nach dem kulturgeschichtlichen Input besuchten wir eine Bodega und probierten "Jerez" (Sherry) und aßen regionale Spezialitäten. Überhaupt aßen wir viel und irgendwie auch ständig. Ungefähr vier bis fünf Stunden täglich waren wir mit Essen gehen beschäftigt! Wir wurden in die Berge gefahren, an den Stadtrand: überall gab es wunderbare Restaurants mit frischen lokalen Spezialitäten. Das Mittagessen wird in Spanien zwischen 15.00 und 17.00 Uhr eingenommen, abends verließen wir oft erst gegen ein Uhr das Lokal. Die Gesamtrechnung wurde- wie dort üblich- durch die Anzahl der Anwesenden geteilt. Nun, man gewöhnt sich schnell daran. In besonderer Erinnerung wird mir der Ausflug nach Mijas bleiben. Am Montag fuhren wir in das malerische Bergdorf und gingen dort spazieren, genossen die Aussicht auf die Berge und das Meer. Ich hatte das große Glück aufgrund meiner passablen Spanischkenntnisse intensiveren Kontakt zu unseren spanischen Freunden herstellen zu können. Wann immer ich konnte, versuchte ich, ihnen die Kommunikation mit deutschen und englischen Karateka zu erleichtern. Mein Fazit: Wer ein bisschen Spanisch kann, hat noch mehr Spaß- aber auch mit nur drei Worten Englisch wird man von der spanischen Gastfreundschaft überwältigt sein.

Ich hoffe, dass ich mit meinem Besuch den ersten Schritt für beginnende Freundschaften habe legen können. Für mich ist es eine sehr schöne und bereichernde Erfahrung gewesen, 3000 km weit von zu Hause von mir bisher fremden Menschen wie ein Familienmitglied aufgenommen zu werden und mit so viel Herzlichkeit behandelt zu werden. Ich freue mich schon darauf, wenn die Spanier nach Deutschland kommen und ich etwas von dem, was ich erfahren habe, werde zurückgeben können. Und nach Spanien werde ich bald wieder fahren. Wer kommt mit?

Frauke Drewitz

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