In memorian Holger Provos
Lübeck, den 17. August 2008
Holger Provos, 3. Dan Kendo und seit über 30 Jahren Leiter der Kendo-Sektion des Lübecker Judo Clubs, mein Fechtlehrer und mein Freund, ist tot. Er starb am 01.08.2008.
Mit Holger Provos verliert das Lübecker Kendo seinen Patriarchen und das deutsche Kendo einen aus der kleinen Riege der Begründer. Wir aber, die wir von ihm gelernt und mit ihm gefochten haben, verlieren einen Menschen, dessen Freundschaft und Anteilnahme an seinen Schülern immer weit über den Dojo hinaus gereicht hat. Als ich mich vor mehr als zwanzig Jahren seinem Dojo anschloss, um Kendo zu lernen waren wir beide (relativ) junge Männer - wir sind einen langen Weg gemeinsam gegangen; wir haben vieles miteinander besprochen, über den Schwertweg und über das Leben; ich habe seine Familie kennen gelernt und seine Söhne aufwachsen sehen; er hat meine Entwicklung akademisch und als Reserveoffizier stets mit großem Interesse begleitet; wir hatten viele gemeinsame Interessen und genügend unterschiedliche, um ein Gespräch immer lebendig zu halten. So sind wir zusammen alt geworden, Holger mir immer zehn Jahre voraus - ansonsten aber ziemlich im Einklang. Als er mir vor einigen Jahren das "Anfängertraining" und die Betreuung der Jugendlichen anvertraute, hat er mir ein Geschenk gemacht, dessen Wert ich jeden Tag neu erfahre und so ist der Weg, den ich jetzt mit den Jugendlichen gehe - auch mit denen, die Holger Provos persönlich nicht mehr kennen gelernt haben - eine Erinnerung an Holger, die bestehen bleibt, solange dieser Weg gegangen wird.
Holger Provos war den größten Teil seines Lebens ein Schwertmann, als Student und Fechtwart seiner Korporation mit dem Säbel und später dann mit Katana und als Kendolehrer mit dem Shinai; Schwerter waren seine Passion und Fechten ein essentieller Bestandteil seines Lebens - von "Hobby" zu sprechen, würde der Bedeutung davon sicher nicht gerecht. Sein Fechten war wuchtig und expressiv, noch vor weniger als einem Jahr hat er - schon von Krankheit gezeichnet - in einer Vorführung mit seiner Kampfkunst im Zweikampf beeindrucken können. Dass man nicht mit halben Herzen bestehen kann, sondern nur mit Mut und Hingabe, hat er uns gezeigt und vorgelebt. Und so ist Kendo eben mehr als Sport und die wohl 50 bis 60 aktiven Kendoka in den drei Lübecker Dojo haben eben nicht einen Sportfreund sondern - in technischem und in geistigem Sinne - ihren Gründer verloren.
Aber: Solange wie wir in Holgers Sinne weiter unser Kendo üben, solange wird die Erinnerung an Holger Provos lebendig bleiben und solange ein Teil seines Kendo in mein Kendo einfließt, bleibt er präsent in mir und so auch in allen, die von ihm gelernt haben.
Holger Provos war mein Lehrer und mein Freund. Ich bin froh, ihm begegnet zu sein, und stolz, ihn gekannt zu haben. Und in die Traurigkeit des Verlustes, die ich mit Euch teile, Elisabeth, Nils und Arne, webt sich die Gewissheit, dass nichts wirklich verloren ist, was Bedeutung gehabt hat. Form und Leben sind vergänglich; die Substanz und die Seele sind ewig und werden lediglich umgewandelt. Wir haben Holgers physische Präsenz an die Natur zurückgegeben, aber wir behalten seine geistige Präsenz in unserer Erinnerung - und in der Hoffnung auf ein Wiederbegegnen; wie immer und wo immer dies auch geschehen wird.
Der Herr hat gegeben
Der Herr hat genommen
Der Name des Herrn sei gelobt
Christoph Erben
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